MinMon Podcast #48 by Christian Seance

Mit Podcast #48 gehen wir auf eine Reise in den hohen Norden und präsentieren euch einen Mix des gebürtigen Göteborgers Christian Seance.

Den mittlerweile in Berlin ansässigen DJ durftet ihr auch schon auf der ein oder anderen Veranstaltung von uns erleben. Wir sprachen mit ihm im Interview über das Nachleben in seiner Heimat, seine aktuellen Projekte und wie er sich in der Musikszene von Berlin zurechtfindet.


Steckbrief

Artist: Christian Seance
Label: Husknuten & Swingotheka
Stil: Surrealism
Born: Göteborg, Sweden
On air since: 2007
Living: Berlin & Göteborg
Playtime: Between midnight and sunrise
Setup: Rekordbox, USBs, Pioneer or A&H mixer
Favorites: Boards of Canada, Röyksopp, Beach House
Drink: Secco-Maracuja
Superpower: Teleportation


Podcast


(Direktlinks: SoundCloud, Podcast Feed, iTunes, Download)


Interview

Hey Christian, schön dich in unserem Podcast begrüßen zu dürften. Wie geht es dir?

Danke! Ich freue mich, Euch diesen Mix beizusteuern, der eigentlich bei meinen Auftritt beim Seasite-Festival aufgenommen wurde. Nach der Pause für die Feuershow…. Ich denke, es war nachts um eins und die Tanzfläche füllte sich so langsam mit einer guten Partycrowd.

Und ja, mir geht es gut, nur sehr beschäftigt, aber das ist bei mir irgendwie normal. Gestern habe ich ein lustiges Memo gelesen, dass erwachsen zu sein bedeutet zu denken: „ja, ja, es ist jetzt viel, aber nächste Woche wird es sicher ruhiger“ … und das wird es natürlich nie! :-)

Deine Wurzeln liegen im schönen Schweden, was hat dich nach Berlin verschlagen und kann man das Nachtleben mit deiner Heimatstadt vergleichen?

Ich komme ursprünglich aus Göteborg, war abe schon seit einigen Jahren nicht mehr in anderen Teilen von Schweden. Somit kann ich hier nicht für das ganze Land sprechen.

Das Nachtleben in Göteborg ähnelt eher einer Kleinstadt als Berlin. Die meisten großen Partys finden am Samstagabend für einen begrenzten Zeitraum statt. Um die ganze Nacht zu tanzen, muss man sich einem geschlossenen Gruppe anschließen um Zugang zu den „privaten“ Partys zu bekommen. Der Vorteil ist das duch den geschlossene Kreis an Leuten Alkohol verkauft werden kann.

Es ist aber ein ständiger Kampf mit den Behörden, da der verlauf der Grenze zwischen privat und öffentlich dann sehr schwammig ist. Wenn du eine Party machst, riskierst du viel, weil sie durch die Behörden jederzeit beendet werden könnte, bevor sie überhaupt angefangen hat. So ist es mit Auslandsbuchungen von Künstlern, zu diesen Allnightern, schwierig. Das bedeutet aber auch, dass die Organisatoren die hinter den Partys stecken sehr viel Energie zu investieren bereit sind und es ihnen viel bedeutet wenn die Veranstaltung gut läuft.

Seit letztem Jahr gibt es in Göteborg das fantastische Café Fluß, welches hier in Berlin am ehesten mit dem Klunkerkranich vergleichbar ist. Der Club ist aus vielen recycelten Materialien aufgebaut, DJs spielen längere Sets, man kann tanzen, schwimmen gehen oder auch die Sauna besuchen. Das Café Fluß ist an fast alle Abende im Sommer geöffnet und man kann an vielen Abenden die melodische, trippige, etwas langsamere Housemusik hören, welcher mein Lieblingsstil hier in Berlin ist. Ansonsten gibt es harte Techno und rumänisches Minimal, welche aktuell die beliebtesten Genres der Stadt sind. Das Beste daran ist, dass man leicht Leute wieder trifft, die man bei der letzten Party schon getroffen hat. Berlin ist da anders durch die anonymität der Großstadt und manchmal vermisse ich das Kleinstadtfeeling wirklich.

War es für dich leicht Verbindungen in die Berliner Nachtszene aufzubauen?

Mein Eindruck ist, dass es sehr viele subkulturelle Veranstaltungen und Clubnächte gibt, bei denen man spielen kann, auch wenn man neu in der Stadt ist. Ich hatte das Glück Timo aus Eurem Kollektiv zu treffen, welcher mich hier mit einigen Auftritten versorgte.

Aktuell investiere ich aber nicht sehr viel in meine DJ Karriere in Berlin. Allerdings probiere ich immer mal wieder an schöne Auftritte zu kommen. Vor allem bei meine Lieblingsfestivals und Clubs wie der Fusion, dem Kater Blau oder dem Garbicz Festival versuche ich eine Spielzeit zu ergattern. Die sind natürlich sehr sehr beliebt, so dass das richtige Timing und etwas Glück gefragt sind. Bald hoffe ich.

Du spielt auch regelmäßig in Göteborg, was war die ausgefallenste Party dort?

Stimmt, bis vor einem Jahr war ich fast jeden Monat als Resident DJ und Mitorganisator für den Swingotheka-Club unterwegs. Die phantasievollste Party auf der ich gespielt habe, wird die Like Gatsby Party einer deutschen Crew gewesen sein. Als diese zum ersten Mal nach Schweden kam konnte ich zwei Nächte lang auf der Hauptbühne vor 1000+ Leute spielen. Die Party umfasste Akrobaten, Tänzern und vieles mehr. Das war wirklich wild!

In den letzten Jahren habe ich viel Electro-Swing gespielt, wobei mittlerweile meine alte Liebe zur tiefen, lustigen, sexy House-Musik wieder auferlebt ist von der ich ein paar Jahre Auszeit genommen hatte (zumindest was das Genre auf Veranstaltungen angeht).

Und was war die ausgefallenste Party bei der du hier in Deutschland gespielt hast für dich?

Ich habe bis jetzt noch keine Party bespielt die ich als besonders ausgefallen bezeichnen könnte. Mein bisheriger lieblingsauftriff war auf der 25. Jahre Casino FHP Party mit Euch zusammen. Es gab für den Elektrofloor, auf dem ich spielen sollte, harte Konkurrenz durch den Hauptfloor auf dem 90iger Jahren Hits liefen. Ich fing also auf einem nahezu leeren Floor, gegen 4:30 an zu spielen, ohne irgendwelche Erwartungen zu haben und nur mit dem Gedanken das Set wenigstens aufzunehmen, um es später zu veröffentlichen. Bereits nach dem 1. Übergang fingen die Leute auf dem Floor Stimmung zu verbreiten und 15 Minuten später bebete die Tanzfläche.

Einige Leute kamen später zum DJ Pult und sagten, dass sie eigentlich früher gehen wollten aber nicht konnten weil sie es so gut fanden. Das war ein toller Morgen für mich!

Glaubst du das Musik auflegen durch digitalen Helfer immer mehr zu einem Jedermanns Ding wird?

Für mich dreht sich alles um die Musik! Die kann auch von einem Laptop kommen, solange der DJ nicht aussieht, als würden seine E-Mails lesen. Wegen mir kann es von Kassettenbändern gemischt werden, es spielt keine Rolle wenn die Musik stimmt. Wenn ein DJ Vinyl spielt, aber seine Sammlung nicht auswendig kennt und zu sehr damit beschäftigt ist Tracks zu finden bekommt er oft Probleme mit dem Flow und es entstehen wackeligen Übergänge.

Die Frage ist ob man um andere DJs zu beeindrucken spielt oder für die Tanzfläche? Ich habe immer sehr viele Tracks und neue Edits dabei die ich vielleicht spielen möchte. Mir hilft die Technologie schnell und einfach in Abschnitte der Stücke vorhören zu können. Daher ist für mich der Laptop oder ein USB Stick mit ensprechenden Abspielgerät die richtige Wahl.

Die Geschichte zeigt uns, dass überlegende neue Technologien oft gewinnen. Aber es ist traurig, dass sich in ein paar Jahren nur sehr wenige Leute an alle Tracks erinnern, welche heute ihre Lieblinge sind. Helfen könnte wenn Beatport usw. die Kaufhistorie für immer aufbewahren würde oder mehr Backups gemacht werden. Ich glaube mit Vinyl ist es nicht anders, da viele am Ende ihre ganze Sammlung verkaufen und nur ein paar besondere Schallplatten behalten..

Wie schaffst du es dich von der Masse abzuheben?

Ich weiß nicht ob ich das überhaupt schaffe aber ich spiele gerne Tracks mit unerwarteten Wendungen, schrulligen FX-Sounds oder markanten Basslines. Meistens bin ich von suggestiven Ideen inspiriert, Surrealismus – auch habe ich ich kein Problem damit den Stil meines Sets mittendrin zu ändern, wenn ich denke damit würde die Party besser in Gang gebracht. Ich gehe oft einfach mit dem Flow.

Meine Kombination von mysteriösen und manchmal auch albernen Tracks ist wohl nicht so verbreitet. Diesen Stiel habe ich schon vor 10 Jahren, bei meinen ersten Auftritt auf der Husknuten-Partys gespielt, welchers genau das ist was ich am liebsten spiele. In letzter Zeit versuche ich aber etwas konsistenter zu werden und meine Sets nicht zu stark zu varrieren. Mein Fokus liegt dann bei meinem gängigsten Stil (ca 117-122 bpm) und weniger bei Genre-Experimente. Ein paar andere DJs die einen ähnlichen Stiel spielen und mich inspirieren sind zum Beispiel miAs, Dave Dinger und Jan Oberlaender.

Produzierst du auch Musik beziehungsweise planst etwas in diese Richtung?

In meinen Teenagerjahren habe ich nach der Schule und dem Sport in jeder freien Minute produziert. Seit ich mit den DJ-ing begonnen habe pausiert das, da mir die aktuell Partys mehr liegen. Vielleicht werde ich in Zukunft aber wieder mehr produzieren!

Wo finden wir dich das nächste mal hinter den Decks?

In der nächsten Woche bin ich erstmal in Schweden und werde dort ein paar wirklich schöne Gigs mit meinen Freunden von Shine Girls und dem Wave Festival spielen. Das Interview wird bis dahin wahrscheinlich noch nicht veröffentlicht sein. Und natürlich könnten jederzeit weitere Auftritte in Berlin eintrudeln – Daumen drücken!

Vielen Dank für deine Zeit und deinen Mix.

Danke schön!


Tracklist

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