Bevor es in diesem Jahr wieder kühler wird, schicken wir euch noch wärmende analoge Sonnenstrahlen frisch von den Plattentellern. Für den MinMon Podcast Nummer 42, und somit die Antwort nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest, freuen wir uns Jago K. aus Berlin begrüßen zu dürfen. Er sagt von sich, dass er in perfekter Symbiose mit seiner Plattensammlung lebt und davon könnt ihr euch, in seinen mit viel Herz, Wärme und feinster House-Musik gemixten Set, selbst überzeugen. Das schwarze Gold ist nur eine seiner Leidenschaften, denn das Mitwirken sowie organisieren von Festivals, Partys und seinem Label sind weitere Projekte die ihm sehr am Herzen liegen.
Über was wir noch mit Jago K. sprachen erfahrt ihr wie immer weiter unten im Beitrag. Habt viel Spaß mit dem unserem MinMon Podcat Nummer 42.
Steckbrief
Artist: Jago K.
Label: Rauschzeit / Sound of Village
Stil: House Music in all ihrem Facettenreichtum, Breakbeats, Disco und Techno mit Seele und Tiefgang
Born: noch zu tiefsten DDR Zeiten in Berlin
On air since: 2001
Living: Berlin am Meer
Playtime: am liebsten vorneweg oder hinten dran
Setup: 2 Turntables und ein Mixer
Favoriten: Pepe Bradock, Mike Huckaby, Grant, Marcellus Pittman, Kyle Hall, Mood II Swing, Schatrax, Metro Area, MCDE, Fabio Monesi, I:Cube, Octo Octa, Session Victim, Levon Vincent
Drink: Wasser, Berliner Luft & Mojito
Superpower: kann 120 Platten in ein 60er Case stopfen, lebt in perfekter Symbiose mit seiner Plattensammlung
Podcast
(Direktlinks: SoundCloud, Podcast Feed, iTunes, Download)
Interview
Hallo Jago, wie geht es dir? Wie kommst du mit den jetzt eher winterlich dunkleren Tagen in Berlin klar?
Hallo liebes MinMon Kollektiv! Da ich gerade aus dem Urlaub zurück bin, geht es mir aktuell sehr gut. Die dort getankten Sonnenreserven werden die dunkle Jahreszeit in Berlin noch eine Weile erträglich machen. Unabhängig davon bin ich eh ein recht sonniges Gemüt und verfalle selten in den berüchtigten ‚Winterblues‘. Und dank eines großen Freundeskreises und einer üppigen Plattensammlung bleibt genug schöne Beschäftigung für die kalten und dunklen Tage.
Du bist ein Kind der DDR und sicher mit den guten alten RFT Plattenspielern groß geworden. Von welchem Hersteller war dein erster eigener Plattenspieler und wie ist es dazu gekommen das du jetzt als DJ unterwegs bist?
Stimmt, ein RFT Plattenspieler war tatsächlich der erste in unserem Haushalt. Meine ersten eigenen Plattenspieler waren riemen-angetriebene „No Name“ Teller, die ich einem Kumpel damals für 50 Mark und eine Flasche Schnaps abgequatscht habe. Aus heutiger Sicht waren die nicht wirklich mixtauglich, aber hey, es waren die ersten eigenen Turnies und ich war stolz wie Bolle.
Ich bin Ende der 90er über Freunde in das DJ-Ding rein gerutscht. Ursprünglich kam ich aus der Berliner Hip Hop und Writerszene und hatte mehr was mit Dosen am Hut als mit dem DJing, obwohl ich damals schon Platten gekauft habe. Plattenspieler hatte ich zu der Zeit aber noch keine. Ich habe dann die DJs aus meiner damaligen Crew immer belöffelt, doch mal diese oder jene Platte auf der nächsten Party zu spielen, was Sie dankenswerter Weise auch getan haben. Da ich parallel zu dem ganzen Hip Hop Ding noch Klavierunterricht nahm und auch immer schon Freunde aus der Berliner House und Techno Szene hatte und mit denen oft tanzen gegangen bin, ergab sich über die Zeit so ein schleichender Wechsel der musikalischen Vorlieben. Irgendwann stand ich dann bei Freunden daheim an den Decks, habe rasch Blut geleckt und der Rest ist dann, wie man so schön sagt, Geschichte.
Spielst du ausschließlich mit Vinyl Schallplatte oder darf es auch mal was in digitaler Form sein?
Vinyl ist mit Abstand schon mein bevorzugtes Medium. Doch ich bin da kein Dogmatiker, der alle anderen Entwicklungen ignoriert oder als Verrat an der ‚reinen Lehre‘ betrachtet. Die digitale Entwicklung hat ja auch Ihre Berechtigung und macht für viele Beteiligten allein schon aus rein logistischen und kostenmäßigen Gründen Sinn. Trotzdem spiele ich eher selten digital, doch wenn ich einen bestimmten Track auf Vinyl nicht bekommen kann, geht es auch mal per CD oder Stick. Ich habe alle gängigen Varianten des digitalen Spielens ausprobiert, doch das Auflegen ist für mich in keiner Form so fühlbar, so direkt und auf eine ästhetische Art und Weise schön wie wenn ich mit Platten spiele. Ich mag auch das ganze drum herum unglaublich: Platten kaufen gehen, den kommunikativen Austausch im Mikrokosmos ‚Plattenladen‘, die Freude über unverhoffte Entdeckungen in der 2nd Hand Kiste auf die ich anderweitig nie gekommen wäre, für die nächste Nacht eine wirklich handverlesene Selektion an Musik vorzubereiten und nicht mit der immer gleichen Festplattensammlung los zuziehen, der Anblick von toll gestalteten Plattencovern und der satte Sound einer guten Vinylpressung. Herrlich, da geht mir immer wieder aufs Neue das Herz auf!
Neben deinen musikalischen Aktivitäten an den Plattenspielern organisierst du auch ordentlich im Hintergrund mit. Welche Projekten liegen dir besonders an Herzen?
Es gibt so einige Projekte, an denen mein Herz hängt. Da ist z.B. das Vinyl-Label ‚Rauschzeit‘, welches ich mit meinem Freund und DJ-Kollegen Tagträumer² betreibe, dass gleichzeitig auch noch eine Podcast-Reihe ist. Dann ist hier noch das Projekt ‚Sound of Village‘ zu nennen, welches ebenfalls mit einer Podcast-Reihe und regelmäßigen Partys aufwartet, sowie als Plattform für vinylaffine DJs gedacht ist. Dazu gesellen sich noch meine Tätigkeiten beim ‚Tag am Meer‘ und dem ‚Oewerall Festival‘, zwei familiäre Festivalprojekte in die ich seit der ‚Stunde null‘ mit involviert bin, und natürlich unser Kollektiv hier in Berlin, ‚Tanz&Taumel‘, mit welchem wir unter gleichem Namen auch Partys veranstalten.
Welches Konzept steckt hinter den Veranstaltungen unter dem Banner von Tanz&Taumel?
‚Tanz&Taumel‘ ist quasi als Nachfolgeprojekt aus einem anderen Kollektiv namens ‚Nachtwache‘ entstanden, mit welchem wir früher schon unterschiedliche Partys und auch viele Konzerte veranstaltet haben. Nach der Auflösung des alten Kollektivs haben wir uns komplett neu ausgerichtet, inhaltlich wie namentlich. Das Interesse und die Kompetenzen von allen verbliebenen Mitgliedern lag im Bereich der elektronischen Clubkultur, deshalb sind wir bei unseren Partys jetzt ganz auf elektronische Musik fokussiert. Wir sind ein fester Kern an Leuten, die alle organisatorischen und kreativen Aufgaben übernehmen. Dazu gesellen sich eine Vielzahl an Freunden und Sympathisanten, die uns unterstützen wo und wann es geht.
Wenn Du in Berlin Partys veranstaltest, musst Du echt Humor, Geduld und treue Gäste haben, ansonsten hältst Du nicht lange durch. Dafür sind wir auch unfassbar dankbar: das so viele Freunde, Bekannte und Partygänger uns seit geraumer Zeit die Treue halten und regelmäßig am Start sind wenn wir zum Tanz laden. Wir sind im Turnus von 6-8 Wochen mit unserer Partyreihe im ‚Beate Uwe‘ bzw. im ‚Crack Bellmer‘ zu Gast, schaut also gerne mal vorbei. Der Nächste Termin wird im Dezember im Crack Bellmer sein, ein genaues Datum folgt noch.
Wo würdest du gern selbst mal spielen? Gibt es eine Traumlokalität oder ein Traumfestival?
Na da fragt Ihr ja was…wie viele darf ich denn hier aufzählen? Was Festivals angeht stehen das Nachtdigital, das Dimensions– und das Lighthouse-Festival ganz oben auf meiner ‚Traumliste‘. Als Club reizen mich besonders das Tanzhaus West (Frankfurt Main), Robert Johnson (Offenbach), Oma Doris Tanzcafe (Dortmund), die Galerie Kurzweil (Darmstadt) und der neue Blitz Club (München). Die Anlage in letzterem soll der absolute Wahnsinn sein, wie ein Konzertsaal für Tanzmusik. Das stelle ich mir akustisch großartig vor! Ach ja und in Georgien würde ich sehr gerne einmal spielen, die Szene in der Hauptstadt Tiflis wird in Sachen Euphorie und Leidenschaft mit dem Berlin der 90er verglichen, den Vergleich würde ich liebend gern auf die Probe stellen.
Den Sommer bzw. die Festivalzeit haben wir ja dieses Jahr recht verregnet hinter uns gebracht. Wie war es bei dir so? Hattest du Glück und sonnenreiche, musikgespickte Wochenenden?
Musikgespickte Wochenenden hatte ich in diesem Sommer tatsächlich einige, das Wetter hat sich dabei aber oft von seiner launigen Seite gezeigt. Doch davon kann sicher jeder ein Lied singen, der in diesem Sommer auf Festivals unterwegs war. Als Highlights möchte ich da stellvertretend mal die Auftritte beim ‚Tag am Meer‘ und dem ‚Oewerall‘ nennen, sowie den Auftritt bei einer Bootsparty namens ‚Schwanensee‘. Bei den beiden Festivals war ich neben dem auflegen auch organisatorisch involviert und wir hatten mehr als einmal mit unterschiedlichen Widrigkeiten zu kämpfen.
Beim Oewerall Festival z.B. hat es Freitag und Samstag viel geregnet, wir mussten die Autos reihenweise aus dem schlammigen Boden befreien, da half manchmal nur noch der Traktor vom netten Bauern aus dem Dorf nebenan. Wir hatten auch einen großen Radlader vor Ort, mit dem haben wir uns mitten auf einem der Floors so festgefahren, das gar nix mehr ging. Also blieb der über Nacht auf der Tanzfläche stehen und der Floor hatte ein neues Deko Highlight inkl. vieler Sitzgelegenheiten. Die Gäste hat das alles nicht erschreckt, die haben den Umständen tapfer getrotzt und einfach weitergefeiert, nur anstatt in bequemen Sommerschluppen halt in Gummistiefeln. All das hat bei den Beteiligten für einen sehr familiären Zusammenhalt und eine besonderen Durchhaltewillen gesorgt, frei nach dem Motto ‚jetzt erst recht‘. Da waren ganz viele, wunderbare Augenblicke dabei, immer irgendwo zwischen Verheißung und Verzweiflung. Irgendwie wäre es ja auch langweilig, wenn alles nur glatt laufen würde. Die besten Geschichten entspringen meist den unvorhersehbaren Situationen an solchen Wochenenden. 2018 darf es in Sachen Wetter trotzdem gerne beständig schön sein!
Was steht sonst noch bei dir in der nächsten Zeit an?
Bei mir stehen dieses Jahr noch diverse Auftritte an, in Berlin z.B. in der Minimal Bar (Nov.), im Crack Bellmer (Dez.) und im Stereo33 (Dez.). Nach Bayern verschlägt es mich musikalisch dieses Jahr auch nochmal. Darüber hinaus feiern wir bei ‚Rauschzeit‘ unseren 200. Podcast, was mich schon stolz macht, denn diese Schallmauer erreicht man auch nicht mal einfach so. Ein weiterer Podcast steht für mich auch noch an, Langeweile kommt also keine auf bis zum Weihnachtsfest.
Mal zu einem anderen Thema: Die Wurzeln von uns, dem MinMon Kollektiv, liegen ja bekanntlich in Potsdam. Verbindet dich etwas mit der Stadt und wenn ja wie hast du sie in Erinnerung?
Ja, da gibt es bestimmte Lebensphasen die mich sehr mit Potsdam verbinden. Den Großteil meiner Grundwehrdienstzeit habe ich z.B. hier in Potsdam verbracht. Da habe ich die City das erste Mal richtig für mich entdeckt. Später hatte ich dann auch mal eine Freundin aus Potsdam, mein zweiter Potsdamer Frühling wenn Ihr so wollt. Und zuletzt habe ich sogar 1 ½ Jahre hier gearbeitet. Nur gewohnt habe ich hier nie, was auch viel mit den ‚preiswerten‘ Mieten bei Euch zu tun hat…;) Mir fällt gerade auf dass ich noch nie in Potsdam aufgelegt habe. Ein weißer Fleck auf meiner musikalischen Landkarte. Was ne Schande!
Danke für deine Zeit und den Mix! Eine Frage haben wir aber noch: Wofür steht eigentlich das K. in deinem Namen?
Das ist der Anfangsbuchstabe von meinem realen Familiennamen. Da der aber für viele Ohren sicher etwas gewöhnungsbedürftig klingt, dachte ich ein K mit Punkt schaut einfach besser aus und lässt sich leichter merken.
Tracklist
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